Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1921 | |
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sind unsere Brunnen mit ihrem ständig
fließenden, frischen Wasser! Nehmt ihr sie sämtlich
weg, werdet ihr künftig eure Kühe und Pferde
abrichten müssen, wenn sie bei sommerlicher Gluthitze
auf der Straße Durst empfinden, mit dem
Vorderfuß auf den Hebel des Hydranten zu drücken
und das Maul kunstgerecht unter den Wasserstrahl
zu halten. Ihr werdet bei der Dressur zunächst
Schwierigkeiten haben. Aber vielleicht erbt sich
einmal erworbene Intelligenz fort, wer weiß. Die
Kälber können’s dann nachher schön von selbst...
Sollte allerdings wider Erwarten alle Abrichterei
nichts nützen, bleibt eurem Vieh weiter nichts
übrig, als auf dem mehr oder weniger langen
Nachhauseweg zu dursten oder aber das appetitliche
Scheuer- und Abwaschwasser in den Gossenpfützen
zu trinken. Doch Spaß beiseite. Oberharzer Landsleute!
Unsere Wasserbottiche sind sicherlich an sich
geringfügige Objekte. Ich überschätze sie keineswegs.
Aber vergeßt nicht, daß sie neben rein praktischen
Werten für uns viel Heimatwert haben. Darum
schont sie, erhaltet sie, solange ihr könnt. Was heute
in dem einen Ort geschehen ist, kann morgen in einem
anderen Nachahmung finden. Und dann käme wo
möglich einmal der Tag, wo auch der letzte Eisenbottich
im Harz zum Lumpensammler wandert und
dem Allerweltshydranten Platz machen muß. Euer
Heimatempfinden mag diesen Unverstand verhüten.
Sollten dennoch materielle Geister siegen, so bitte
ich euch im Namen aller Heimatfreunde: Sorgt
wenigstens dafür, daß der allerletzte Bottich dann ins
Zellerfelder Oberharz-Museum kommt.
Schon wieder tönt vom Schachte her
Des Glöckleins dumpfes Schallen;
Laßt eilen uns, nicht säumen mehr,
Zum Schachte laßt uns wallen.
Laß scheiden uns vom Hochgenuß,
Das ist des Schicksals Lauf,
:,: Glück auf, Glück auf, Glück auf! :,:
Bald fahren wir mit heit’rem Sinn
Ein Jeder eilt zur Arbeit hin,
Und alles regt sich wieder;
Man hört des Pulvers Donnerknall,
Des Schlägels und des Eisens Schall,
Und sollte einst in ew’ger Nacht
Mein letztes Stündlein schlagen,
So steh’ ich ja in Gottes Macht,
Der hilft mir alles tragen.
Den Tod nicht scheu’n ist Bergmanns Pflicht!
Ich fahr’ zum Himmel hinauf!
Glück auf!
Von Rektor H. Morich in Clausthal.
„Wohlan, ich will Euren Bitten nachgeben.
Dreien will ich das Leben schenken, aber einer muß
sterben, das verlangt die militärische Zucht. Sie
sollen darum losen!“ So rief in höchster Erregung
der französische General St. Victor, der soeben in
das Sitzungszimmer des Rathauses zu Clausthal
eingetreten war. Vor ihm standen die Mitglieder
des Magistrats und neben ihm vier Mann seiner
eigenen Soldaten, die beschuldigt waren, in Altenau
einen Raub ausgeführt zu haben. St. Victor, der
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1921. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1921, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1921_020.png&oldid=- (Version vom 10.4.2019)